Wissen in planerischen Entwicklungsprojekten

Ein Ansatz zum strukturierten Umgang mit Wissen verdeutlicht am Beispiel der Europäischen Regionalpolitik durch INTERREG IIIB

Wissen ist ein grundlegender Baustein jeglicher Forschungs- und Entwicklungsaufgaben. Die Ergebnisse dieser Arbeiten bauen auf vorhandenem Wissen auf und schaffen neues Wissen. Dieses neu generierte Wissen stellt wiederum einen Mehrwert dar, der für spätere Forschungs- und Entwicklungsprojekte genutzt werden kann. Dabei verwundert, dass oftmals vorhandenes Wissen wenig effektiv und effizient genutzt wird, sondern in kostspieligen und Kräfte zehrenden Prozessen immer wieder neues Wissen zu gleichen Themen- und Problemstellungen generiert wird. Es stellt sich hierbei generell und im Fokus auf die europäische Regionalpolitik die Frage, inwieweit das in den vergangenen Förderperioden generierte Wissen im Hinblick auf den gewünschten europaweiten Mehrwert besser genutzt werden kann und sollte. Es ist eine Vielzahl an Projekten zu den unterschiedlichsten Themen und Problemstellungen gefördert worden. In diesen Projekten sind Problemlösungsstrategien erarbeitet worden, die aufgrund der geforderten Transnationalität wenn nicht im Detail, so doch im Grundsatz auf andere, ähnlich strukturierte Regionen übertragen werden können. Die europäische Förderpolitik kann nicht darauf ausgerichtet sein, immer neues Wissen in immer neuen Projekten zu den immer gleichen Problemstellungen zu kreieren. Vielmehr muss auch angesichts der knapper werdenden finanziellen Mittel, die Ressource Wissen verstärkt in den Vordergrund gestellt werden. Die oft mühsam erarbeiteten Fähigkeiten und Erfahrungen aus abgeschlossenen Projekten müssen verstärkt der Allgemeinheit zugänglich gemacht werden. Es gilt, eine Basis zu schaffen, an der möglichst viele Länder, Regionen, Institutionen und Personen partizipieren können und auf der vorhandenes und generiertes Wissen geteilt wird.

Doch welche Möglichkeiten der stärkeren Betonung und Einbeziehung des Faktors Wissen in die Regionalentwicklung bestehen oder sind denkbar? Gibt es Techniken und Methoden auf die zurückgegriffen werden kann, wie etwa im Bereich des Regionalmanagements oder -marketings, wo Inhalte und Methoden der Betriebswirtschaftslehre aufgegriffen werden? Auch für den Bereich Wissen bzw. wissensbasierte Entwicklungsprozesse scheint eine Entwicklung aus dem Bereich der BWL interessant. Dort beschäftigt man sich seit einiger Zeit verstärkt damit, den Produktionsfaktor Wissen in Unternehmen fassbar zu machen und damit gezielt einsetzen zu können. Das so genannte Wissensmanagement gewinnt dort eine immer größere Bedeutung. Doch können die Methoden und Techniken des Wissensmanagements auf den Bereich der (europäischen) Regionalentwicklung übertragen werden?

Dabei ist entscheidend, zu klären, was genau unter dem Begriff Wissen zu verstehen ist und wie Wissen definiert werden muss, um für den Bereich der planerischen Entwicklungsprozesse als Ressource genutzt werden zu können? Die entscheidende Frage ist dann, wie Wissenstransfer und Wissensnutzung in diesen Entwicklungsprozessen funktionieren. Welche Komponenten, welche Akteure, institutionellen Einrichtungen und sonstigen Hilfsmittel sind notwendig, um einen entsprechenden Informations- und Wissensfluss zu gewährleisten? Wie sehen die Kommunikationsstrukturen aus?

Um den Wissensbegriff speziell für die europäische Regionalpolitik eingrenzen zu können, werden im Rahmen der Arbeit die dort vorhandenen Strukturen erläutert. Anschließend wird der Fokus auf einen speziellen Bereich der Regionalpolitik gelegt: das Förderprogramm INTERREG IIIB als sehr projektorientiertes Förderprogramm. Im Rahmen dieses Förderprogramms werden alle organisatorischen Ebenen wie auch einzelne Projekte näher betrachtet. Dies geschieht durch umfangreiche empirische Arbeit: eine schriftliche Befragung von Lead Partnern aus den fünf INTERREG IIIB-Kooperationsräumen mit deutscher Beteiligung, durch Expertengespräche mit Verantwortlichen aus dem organisatiorisch-strukturellen Bereich der INTERREG-Projekte von der Europäischen bis zur nationalen Ebene bis hin zur Untersuchung von beispielhaften Einzelprojekten.

Anhand eines modellhaften Vorschlages wird eine Möglichkeit zur Optimierung von Wissenstransfer und Nutzung von Wissen für die europäische Regionalpolitik aufgezeigt. Das zunächst betriebswirtschaftliche Wissensmanagement ist dabei eine Methode zur Erfassung und Nutzbarmachung von Wissen für Entwicklungsprozesse. Gleichen sich die Entwicklungsprozesse in einem Unternehmen und in der Planung in ihren Grundprinzipien so weit, dass die Methoden des betrieblichen Wissensmanagement auf die Methoden der Regionalentwicklung übertragen werden können? Das Modell des betriebswirtschaftlichen Wissensmanagements soll als Richtschnur, quasi als Handlungsanleitung in der Entwurfsphase des eigenen Modells dienen.

Diese Arbeit soll Möglichkeiten aufzeigen, wie Wissen im Bereich planerischer Entwicklungsprojekte transparenter und nutzbar gemacht werden kann, ohne dass der Einzelne bzw. die einzelne Region, Stadt oder Kommune die Standortvorteile verliert, im Gegenteil durch Teilen und Vernetzen eine Wissensvermehrung stattfindet, die neue Entwicklungspotenziale generiert. Nicht vergessen darf man dabei die Quellen des Wissens, die Vielfältigen Bildungs- und Forschungseinrichtungen, die bei der Generierung und Weiterentwicklung von Wissen eine Basis, eine gleichsam kreativen Pool darstellen. Zur wissensbasierten Regionalentwicklung gehört somit immer auch der Aspekt der Wissenschaftsbasierung.

Das Promotionsvorhaben wurde abgeschlossen. Die Dissertation ist als Band 24 in der Schriftenreihe “Materialien zur Regionalentwicklung und Raumordnung” veröffentlicht.

Ansprechpartner

Univ.-Prof. Dr. habil. Gabi Troeger-Weiß
Dr.-Ing. Diana Schödl