Wirkungen der Verlagerung der Rhein-Main Air Base von Frankfurt/Main nach Ramstein und Spangdahlem
Auftraggeber
Ministerium des Innern und für Sport des Landes Rheinland-Pfalz, Abteilung Raumordnung und Landesplanung
Laufzeit
03/2001 – 03/2002
Projektbeschreibung
Im Auftrag des Ministeriums des Innern und für Sport, Abteilung Raumordnung und Landesplanung (oberste Landesplanungsbehörde) des Landes Rheinland-Pfalz haben Prof. Dr. Gabi Troeger-Weiß und Dipl.-Ing. Kirstin Weber vom Lehrstuhl Regionalentwicklung und Raumordnung der Technischen Universität Kaiserslautern die Wirkungen der Verlagerung der Rhein-Main Air Base von Frankfurt / Main nach Ramstein und Spangdahlem untersucht.
Die Präsenz der U.S.-militärischen Streitkräfte hat im Umland rund um die Luftwaffenstützpunkte Air Base Ramstein und Air Base Spangdahlem seit jeher weitreichenden Einfluss auf fast alle Bereiche des wirtschaftlichen und täglichen Lebens. Der bis Ende 2005 geplante Umzug der Rhein-Main Air Base liefert den Anlass, die weitestgehend noch unerforschten Einflüsse und Wirkungen einer eingehenden Untersuchung zu unterziehen. Der Schwerpunkt der Analyse liegt dabei in der Erfassung der aktuellen sowie der zukünftig zu erwartenden Effekte der U.S. Militärpräsenz auf die regionale Wirtschaft.
Vorgehensweise der Untersuchung
Das methodische Konzept der Untersuchung umfasst eine Wirkungsanalyse ex ante. Darin kommen schwerpunktmäßig Methoden der empirischen Sozialforschung wie die standardisierte mündliche und schriftliche Befragung sowie Experteninterviews zur Anwendung.
In einer ersten Bestandsaufnahme und Analyse konzentriert sich die Studie auf die Untersuchung der Wirtschaftsstruktur, der Siedlungsstruktur, der Infrastruktur, der Ökologie sowie der Sozialstruktur, den kulturellen Gegebenheiten sowie des Freizeit- und Imagewertes der betroffenen Standorte und ihres räumlichen Einflussbereiches. In einem zweiten Schritt werden mittels empirischer Erhebungen die Wirkungen des geplanten Umzuges auf Unternehmen des Bauwesens (Bauhandwerk und Baugewerbe), der Hotellerie, Gastronomie und des Freizeitsektors sowie auf ausgewählte Einzelhandelsbereiche ermittelt. Zudem bilden die Abschätzung der künftigen Siedlungsentwicklung sowie der Entwicklungen auf dem Immobilienmarkt wesentliche Untersuchungsgegenstände. Die Teilanalysen münden in konzeptionellen Handlungsempfehlungen zur Nutzung und Verstärkung der positiven Effekte auf der einen Seite und zur frühzeitigen Vermeidung und Verminderung negativer Wirkungen in den räumlichen Einflussbereichen rund um die Air Basen Ramstein und Spangdahlem.
Wesentliche Ergebnisse der Studie
Die U.S. amerikanischen Militärstreitkräfte gehören mit 5900 Zivilbeschäftigten am Standort Ramstein und 750 Zivilbeschäftigten am Standort Spangdahlem zu den bedeutendsten Arbeitgebern der jeweiligen Region. Darüber hinaus bilden die U.S. Amerikaner einen erheblichen Wirtschaftsfaktor für die regionalen und lokalen Wirtschaftsunternehmen. Entsprechend den Erhebungen der Technischen Universität Kaiserslautern erwirtschaften die regionale Bauwirtschaft, der Einzelhandel, die Hotellerie, Gastronomie und der Freizeitsektor sowie die Immobilienbranche an den Standorten Ramstein und Spangdahlem insgesamt durchschnittlich 220 Mio. € jährlich mit den Amerikanern. Dadurch werden 890 indirekte Arbeitsplätze in den Standortregionen gesichert. Am Standort Ramstein werden davon 180 Mio. € umgesetzt und 660 Arbeitsplätze in der Wirtschaft geschaffen. Am Standort Spangdahlem liegen die durchschnittlichen jährlichen Umsätze bei 40 Mio. €. Hier sind 230 Arbeitsplätze indirekt mit der U.S. Militärpräsenz verbunden. Die größten quantitativen Wirkungen der U.S. Militärpräsenz entfalten sich in der Bauwirtschaft. Der zweitgrößte, aber nicht minder bedeutsame Wirkungsbereich stellt die Hotellerie und Gastronomie dar.
Durch das Rhein-Main Verlagerungsprogramm sowie weitere Maßnahmen zur Modernisierung der Wohn- und Wohnfolgeeinrichtungen der Amerikaner werden bis zum Jahr 2010 in die Erweiterung und Modernisierung der Luftwaffenstandorte Air Base Ramstein und Air Base Spangdahlem insgesamt knapp eine Milliarde Euro investiert.
Das Investitionsverhalten der U.S. amerikanischen Streitkräfte in Deutschland ist von einer traditionell hohen regionalen Verbleibquote bei der Auftragsvergabe geprägt. Es ist daher davon auszugehen, dass der Großteil des Investitionsvolumens des Verlagerungsprogramms bis Ende 2005, als auch der Modernisierungsprojekte bis 2010 in die regionale Wirtschaft fließen. Die größten kurz- bis mittelfristigen verlagerungsbedingten Effekte werden der Bauwirtschaft zugeschrieben. Langfristig werden sich die Wirkungen jedoch relativieren und aufgrund des permanenten Wartungs- und Instandhaltungsaufwands für Infrastruktureinrichtungen und Gebäude auf einem geringeren Niveau stabilisieren.
Bedingt durch die Personalaufstockung der militärischen Bediensteten von rd. 100 Personen auf der Air Base Ramstein und rd. 200 Personen auf der Air Base Spangdahlem (zuzüglich deren Familienangehörigen), ist mit hohen Wachstumseffekten im Einzelhandel, der Hotellerie und Gastronomie sowie auf dem Immobilienmarkt in den beiden Stützpunktregionen zu rechnen.
Im Einzelhandel und Dienstleistungsbereich werden insbesondere für die Kfz-Branche, verstärkt aber auch bei umzugsbedingten Leistungen z.B. Möbel, EDV, Kommunikation und Transport nachhaltige Steigerungen erwartet. Weitere Zukunftsmärkte bilden die Bereiche Telekommunikation und Servicedienstleistungen. Von der Erweiterung der militärischen Funktionen gehen auch überwiegend positive Tendenzen für die Hotellerie, Gastronomie und den Freizeitsektor aus. Dies gilt insbesondere für den Standort Ramstein. Die Bewältigung des zusätzlichen Flugpassagieraufkommens kann aufgrund unzureichender Beherbergungskapazitäten auf der Air Base Ramstein nur durch die weitere Inanspruchnahme von Bettenkapazitäten in der lokalen und regionalen Hotellerie erreicht werden. Besondere Nachfrage besteht hierbei im gehobenen Segment.
Darüber hinaus wird das Rhein-Main Verlagerungsprogramm die Wohnungswirtschaft in den Standortregionen Ramstein und Spangdahlem positiv beeinflussen. Durch das Rhein-Main Verlagerungsprogramm wird Ende 2005 Wohnraum für ca. 200 Personen in Ramstein und ca. 400 Personen in Spangdahlem erforderlich. Dieser Bedarf kann trotz der umfangreichen Erweiterungs- und Modernisierungsmaßnahmen an den Standorten Ramstein und Spangdahlem von U.S. Seite nur in geringem Maße gedeckt werden. Vor diesem Hintergrund ist von einem Aufschwung auf dem privaten Wohnungsmarkt auszugehen. Die zukünftige Nachfrage der U.S. Amerikaner richtet sich v.a. auf stützpunktnahe Wohnungen und Häuser. Die Amerikaner fragen nahezu ausschließlich große Wohnungen ab ca. 80 m² und Häuser ab ca. 120 m² nach. Sie bevorzugen zudem Neubauten mit einer gehobenen bis exklusiven Ausstattung. Die Wohnungs- und Baulandmärkte in den Standortregionen Ramstein und Spangdahlem stellen sich aktuell entspannt dar. Es ist daher davon auszugehen, dass die Nachfrage in den Jahren 2005 und 2006 ohne Probleme absorbiert werden kann.
Die Untersuchung der Technischen Universität Kaiserslautern zeigt die hohe ökonomische Bedeutung der U.S. Streitkräfte sowie die wirtschaftsstrukturellen Wachstumseffekte durch das geplante Rhein-Main Verlagerungsprogramm in den Standortregionen auf. Die zukünftige Erhaltung bzw. Stärkung der Partizipation der Wirtschaft als auch der breiten Bevölkerung an der U.S. Militärpräsenz bilden die entscheidenden Faktoren für die nachhaltige Akzeptanz der U.S. Amerikaner. Dies gilt aktuell verstärkt vor dem Hintergrund der breiten Diskussion der Immissionsbelastungen durch die militärische Nutzung. Es ist daher erforderlich, die analysierten positiven wirtschaftsstrukturellen Wirkungen in Zukunft zu verstärken und zielgerichtet auszubauen sowie parallel dazu, die negativen Wirkungen der U.S. Militärpräsenz v.a. im ökologischen Bereich abzubauen. Zur Steuerung der Wirkungen sind sowohl die deutsche als auch die amerikanische Seite gefragt. In der Untersuchung haben sich insbesondere die verstärkte ökonomische Nutzung der U.S. Militärpräsenz, die Verbesserung der Informationspolitik sowie die Förderung von Integrationsmaßnahmen als Ansatzpunkte für weitergehende praxisrelevante Handlungsempfehlungen ergeben.
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